"Wird ein Kind geboren,
ist die Welt noch nicht fertig."
Wislawa Szymborska (1923 - 2012)
Diese Worte aus der Feder der polnischen Lyrikerin und Literaturnobelpreisträgerin Wislawa Szymborska beschreiben trefflich einen bedeutsamen Aspekt des christlichen Menschenbildes: Jeder Mensch ist einzigartig - mit all seinen Talenten, Fähigkeiten und Eigenschaften. Damit einher geht der Auftrag, diese jeweiligen Begabungen zum Wohle der Gemeinschaft einzusetzen.
Aber auch völlig ohne religiöse Assoziation gelesen, zeichnen die knappen Zeilen ein Bild voller Zuversicht: Jedem Menschen ist seine ureigenste Bestimmung mitgegeben. Jede und jeder von uns kann die Welt verändern, sie mitgestalten.
In diesem Sinne möchte ich heute gemeinsam mit Ihnen einen durchaus kühnen Ausblick wagen. Deshalb sage ich: "Frieden beginnt bei mir."
Blickt man auf das Zeitgeschehen, dann mag dieser Satz zunächst gewagt klingen, vielleicht gar leichtfertig. Oder halten Sie mich nun einfach nur für verträumt…?
In der Tat denke ich, dass die bundesweite Caritas-Kampagne 2024 diesen Leitspruch völlig zu Recht in die Welt ruft. Zwar ist es natürlich zuvörderst an der "großen Politik", darauf hinzuwirken, dass gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen Staaten, Völkern oder ethnischen Gruppen beigelegt werden und latente Konflikte eine Lösung finden.
Als stellvertretende Direktorin eines örtlichen Sozialverbandes hege ich auch keinen Zweifel daran, dass es das Zutun internationaler Hilfsorganisationen zwingend braucht, um Kriegsfolgen zu lindern und zügigen Wiederaufbau zu schultern. Nachhaltige Friedenssicherung und dauerhafte Versöhnung werden ohne den wachsamen Zusammenhalt weltweiter politischer und humanitärer Netzwerke kaum gelingen.
Keineswegs bedeutet dies aber, dass "Otto Normalverbraucher" oder "Maximiliane Musterfrau" alledem hilflos gegenüberstünden. Zutiefst entschlossen bekräftige ich also den Slogan der Caritas-Kampagne 2024: FRIEDEN BEGINNT BEI MIR! Er hat seine Wurzeln in meinem unmittelbaren Umfeld.
Auf persönlicher Ebene - im Privaten, in Alltag oder Berufsleben - kann jeder seine kleinen, aber deshalb nicht weniger bedeutsamen Beiträge zu sozialem Frieden leisten. Jeder Einzelne vermag schon im Kleinen den Grundstein für ein friedvolles Miteinander zu legen.
Auch Deutschland hat in jüngerer und jüngster Zeit mehrfach schmerzlich erfahren, dass unerwartete Einschränkungen und (gefühlte oder vermutete) Ungleichheit allzu leicht instrumentalisiert werden, um Menschen gegeneinander auszuspielen. Schon Zukunfts-Sorgen alleine bieten den falschen Akteuren einen soliden Hebel, mit dem sich die Gesellschaft spalten ließe - von Existenz-Ängsten ganz zu schweigen...
Soziale Gerechtigkeit halte ich für einen Schlüsselbegriff. Er steht für ein Konzept, das jeder mittragen kann, wenn es ihm bloß am Herzen liegt.
Eben hierin erkenne ich einen Appell an jeden Mitmenschen und zugleich unsere gemeinschaftliche Aufgabe: Wir alle sind aufgefordert, unsere Welt zu einer besseren, zu einer gerechteren und friedvolleren zu machen - auch, wenn sie niemals perfekt sein wird.
Lassen Sie uns damit beginnen, indem wir vermitteln und den Ausgleich suchen, uns gegen Hass und Hetze zu stellen und auf Parolen mit Fakten antworten.
Ilona Besha,
stellvertretende Direktorin im Caritasverband Rhein-Hunsrück-Nahe e.V.